Das Anwerben von Neukunden und die Erstellung von Angeboten zur Auftragsgenerierung gehört für fast alle Selbständigen und Freiberufler zu ihrem täglichen Brot.
Gerade Berufseinsteiger sind damit schnell überfordert und gehen – teils aus Unwissenheit, teils aus wirtschaftlichen Zwängen – unvorteilhafte Beziehungen mit vermeintlichen „Traumkunden“ ein, die sich im Nachhinein eher als Albtraum entpuppen.
Natürlich können Sie nie im Vorfeld wissen, ob sich eine Kundenbeziehung zu einer langfristig erfolgreichen Zusammenarbeit für beide Seiten entwickelt oder eher zum Schrecken ohne Ende mutiert.
Aber es gibt einige Tipps, mit deren Hilfe besonders Gründer und Kleinunternehmer ihr Risiko schon vor Vertragsabschluss minimieren und sich unnötigen Ärger sowie hohe Kosten ersparen können.
Lohnt sich dieser Kunde überhaupt?
Zugegeben, eine provokante Frage. Als ob es tatsächlich Firmen gäbe, die Anfragen potentieller Kunden einfach so ablehnen könnten…
Nun, in der Tat werden sich nur wenige den Luxus erlauben, allein nach Sympathie für oder gegen einen Auftrag zu entscheiden; aber die Frage nach der Rentabilität muss schon erlaubt sein.
Grundsätzlich sollte jede Angebotsanfrage daraufhin abgeklopft werden, was unterm Strich nach Abzug aller Kosten hängen bleibt. Das ist nicht nur das kleine Einmaleins wirtschaftlichen Denkens, sondern ein Stück weit auch Selbsterhaltungstrieb jedes Unternehmers.
Insbesondere die Weitergabe von Kosten – so kurios es klingen mag – fällt besonders Angehörigen von Dienstleistungsberufen mitunter schwer, denn der eigene Zeitaufwand stellt hier nämlich meist den höchsten Kostenfaktor dar. Und viele Selbständige neigen dazu, sich selbst unbezahlte Überstunden aufzubürden, nur um dem Kunden ein vermeintlich unwiderstehliches Angebot präsentieren zu können.
Ihre Arbeitszeit ist jedoch kein endliches Gut. Zumindest auf der Erde hat ein Tag nur 24 Stunden und maximal die Hälfte davon lässt sich am Schreibtisch oder an der Werkbank verbringen. Diese Zeit sollten Sie sich Ihren Fähigkeiten entsprechend vergüten lassen, sonst macht Selbständigkeit kaum Sinn.
Lesetipp: Mehr zum Thema Work-Life-Balance lesen Sie in unserem Magazin DigitalLifestyle.
Auch Beratung muss sich auszahlen
Viele Selbständige tappen in die Falle „kostenlose Beratung“!
Natürlich gehört es unbedingt dazu, einen potentiellen Neukunden ausführlich über das eigene Leistungsangebot zu informieren und auf seine individuellen Bedürfnisse und Anforderungen einzugehen.
Wie weit darf gute Beratung gehen?
Gerade Dienstleistern in technischen Berufen (wie Webdesigner, Texter und Grafiker) unterläuft oft der Fehler, unbewusst in Vorleistung zu treten und Interessenten neben einer anfänglichen Beratung bereits Lösungsansätze auszuarbeiten.
Üblicherweise fällt bei Neukunden der Aufwand an Beratung gemeinhin höher aus als dies bei altbekannter Stammklientel der Fall ist. Hier kennen Sie Ihre Pappenheimer und wissen genau, wie diese ticken und welche Anforderungen gestellt werden.
Und erst recht wäre es in den allermeisten Fällen realitätsfremd, ein initiales Beratungsgespräch separat bepreisen zu wollen. Man stelle sich vor, Kunden erhielten nur gegen Bezahlung überhaupt ein Angebot. Auf einen solchen „Deal“ würden Sie selbst sicherlich auch nicht eingehen, oder?
Andererseits kostet Sie jeder Kundenkontakt etwas sehr Wertvolles: Ihre eigene Arbeitszeit!
Tipps, um der Beratungsfalle zu entgehen:
- Vermeiden Sie Begriffe wie „kostenlose Beratung“, sondern verwenden besser „kostenlose Erstberatung“ – das schreckt einerseits Schmarotzer ab, die für Nullkommanichts von Ihrem Wissen profitieren möchten, bietet andererseits aber skeptischen Neukunden eine niedrige Hürde für die Kontaktaufnahme an.
- Inkludieren Sie eine „Pauschale für Beratung und Projektmanagement“ in Ihr Angebot. Entweder gelistet als separaten Posten oder – besser, da unauffälliger – eingerechnet in die Preise für erbrachte Leistungen bzw. den zugrundeliegenden Zeitaufwand.
- Denken Sie daran, den zeitlichen Aufwand für Meetings, Telefonate, Schriftverkehr und andere Kundenkontakte während der Projektlaufzeit in Ihrer Kalkulation zu berücksichtigen.
Nur ein schriftlicher Vertrag ist ein guter Vertrag
Das Vertragsrecht kennt das Konzept der „Formfreiheit“ – es spielt in den meisten Fällen also keine Rolle, ob Sie Verträge nur mündlich vereinbaren, mit Kugelschreiber auf eine Serviette kritzeln oder vor Zeugen mit Siegel und Unterschrift schließen.
In der Praxis wird man jedoch immer einen schriftlichen Vertrag bevorzugen, vor allem der besseren Nachweisbarkeit wegen.
Für den normalen Geschäftsbetrieb genügt es oft, den Kunden im Fall der Annahme Ihres Angebots zu bitten, dieses mit Datum und Unterschrift versehen an Sie zurückzusenden.
Tipps für die Formulierung unmissverständlicher Angebote
- Verfassen Sie Ihre Angebote so detailliert wie möglich (z.B. Beschreibung einzelner Arbeitsschritte oder Darstellung der Arbeitsergebnisse).
- Lässt sich der finale Zeitaufwand für einzelne Positionen nicht exakt abschätzen, dann merken Sie dies unbedingt an, z.B. durch Nennung eines Kostenrahmens oder eines klaren Hinweises auf eventuell entstehende Zusatzkosten.
- Verpflichten Sie Ihre Kunden auf folgende Klausel: „Nebenabreden (einschließlich Änderungen und Ergänzungen) bedürfen der Schriftform.“ – so vermeiden Sie spätere Vorwürfe, dass im Beratungsgespräch andere Konditionen oder gar Zusatzarbeiten vereinbart wurden.
- Nutzen Sie anwaltlich geprüfte Musterverträge und -angebotsformulare, die Besonderheiten Ihrer Branche berücksichtigen.
Rabatt mit Aussicht auf Skonto
Manche Kunden möchten gelockt werden – am besten mit einem Rabatt… und zwar einem von der hohen Sorte. Die Argumentation: Es winken jede Menge Folgeaufträge, sobald die erste Zusammenarbeit zufriedenstellend abgeschlossen wurde.
So weit, so unlogisch. Denn nehmen wir einmal an, die Folgeaufträge kämen tatsächlich zustande, glauben Sie ernsthaft, diese Art von Kunde würde nicht wieder das Rabattspiel mit Ihnen treiben wollen? Frei nach dem Motto: Ich bin ja jetzt ein guter Kunde, da könnten Sie mir schon preislich entgegenkommen.
Sie sehen, worauf das hinausläuft? Auf eine langfristig kaum lohnenswerte Kundenbeziehung!
Viele solcher „Rabattkunden“ versuchen Grenzen auszuloten und fordern immer höhere Nachlässe oder bestehen auf zusätzlich inkludierte kostenlose Leistungen. Bis Sie sich irgendwann in einem ruinösen Preiskampf wiederfinden, der weder für Ihr Geschäft noch für Ihre eigene Psyche gut ist.
Die weiße Weste behalten!
„Ein guter Händler zieht seine Kunden so schnell über den Tisch, dass diese die Reibungshitze als Nestwärme empfinden!“
Diese äußerst gewagte Redewendung widerspricht nicht nur dem Ehrgefühl seriöser Unternehmer, ein solches Geschäftsgebaren wäre auch alles andere als förderlich für den eigenen Ruf.
Mit anderen Worten: Versprechen Sie nie etwas, das Sie nicht einhalten können und machen klare Ansagen zu den in Ihren Angeboten enthaltenen Leistungen. Sie erwarten Fairness von Ihren Kunden, dann müssen Sie diese natürlich auch selbst bieten.
Autor: Tobias Eichner | Datum der Veröffentlichung: März 2019
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