Spätestens seit soziale Netzwerke wie YouTube, Instagram und Pinterest endgültig die Herzen der Internet-Nutzer (und ihre Smartphones) erobert haben, bildet die Arbeit mit Influencern einen integralen Bestandteil vieler Marketing-Konzepte.
Die kürzliche Einführung europaweit einheitlicher Datenschutzregelungen (DSGVO) trug sicherlich ebenso dazu bei, abseits etablierter Methoden die Suche nach neuen Werbeformen zu befeuern.
Kein Wunder also, dass viele Unternehmen Influencer für die Umsetzung ihrer Marketing- und Kommunikationsziele entdeckt haben.
Was sind Influencer eigentlich?
Der Begriff „Influencer“ leitet sich aus dem englischen Verb „influence“ (etwas oder jemanden „beeinflussen“) ab und wurde Anfang der 2000er Jahre erstmals in der Fachliteratur erwähnt.
Bei Influencern handelt es sich meist um Personen mit ausgeprägter Medienpräsenz (vor allem in sozialen Netzwerken), die bei ihren Anhängern nicht nur ein hohes Ansehen genießen, sondern auch eine Vorbildfunktion ausüben.
Ab welchem Zeitpunkt aus dem einfachen Teilnehmer eines sozialen Netzwerks ein Influencer wird, ist nicht klar definiert. Eine mögliche Kennzahl für die Bewertung stellt zweifelsohne die Anzahl der Fans dar (üblicherweise werden diese als Follower bezeichnet, seltener schlicht als Freunde):
Grundsätzlich spricht man bei weniger als 10.000 Followern von „Mikro-Influenzern“, wobei die erfolgreichsten Influencer des deutschsprachigen Raums eine breite Fanbasis von mehreren Millionen Followern hinter sich versammeln.
Wie man Influencer wird…
Eines vorweg: Den „typischen“ Influenzer gibt es nicht.
Aufgrund der Nutzerstruktur sozialer Medien handelt es sich dabei jedoch oft um Menschen im Alter von 16 bis Anfang 30 Jahren, die eine zu ihrer Person vergleichbare Zielgruppe ansprechen (ähnliches Altersschema und soziales Milieu).
Nichtsdestoweniger können auch bereits etablierte Persönlichkeiten (wie Schauspieler, Musiker und Sportler) die Rolle von Influencern einnehmen. Dies geschieht im Zuge ihrer Popularisierung oft automatisch als schleichender Prozess ohne deren eigenes Zutun (oder Wollen).
Insofern ist der Status des Influencers teilweise deckungsgleich mit demjenigen einer prominenten Persönlichkeit – allerdings mit starkem Fokus auf soziale Medien.
Was macht Influencer-Marketing so erfolgreich?
Laut neueren Untersuchungen kaufte bereits jeder fünfte Deutsche mindestens einmal von Influencern beworbene Produkte. Kein Wunder, denn Influencer gelten als soziale, vertrauenswürdige Autoritäten, die bei ihren Zielgruppen als Meinungsführer großen Einfluss genießen.
Anders als viele Filmstars der Glamourwelt Hollywoods stehen Influencer im Ruf, nahbare Idole zu sein, die mit ihren Fans und Followern auf Augenhöhe kommunizieren. Authentizität und Vertrauen sind also zwei wichtige Güter, die sich Werbetreibende beim Influenzer-Marketing zunutze machen.
Daneben agieren Influencer aber auch als Multiplikatoren: Sie sind mit anderen Nutzern online wie offline gut vernetzt und tauschen sich in ständigem Kontakt miteinander rege aus. Überhaupt ist das „Öffentlichsein“ eine der Grundideen sozialer Netzwerke.
Schlußendlich profitiert das Marketing mit Influencern von einem der ältesten und vertrauenswürdigsten Mechanismen der Werbung: Der Mundpropaganda!
Die damit erzeugte Aufmerksamkeit soll bei der Zielgruppe Interessen und Wünsche wecken, den Bekanntheitsgrad steigern und das Image einer Marke (oder eines Produkts) unterstützen und sich so positiv auf die Entwicklung der Verkaufszahlen auswirken.
Herausforderungen von Influencer-Marketing
Influencer haben also das Potential, der nächste große Marketing-Hype zu werden: Nah an der Zielgruppe, verhältnismäßig günstig und reichweitenstark. Wer jedoch Influencer in sein Werbeboot holt, muss auch einige Untiefen und Klippen umschiffen…
Messbarkeit des Werbeerfolgs
Die größte Herausforderung stellt zweifelsohne die Erfolgsauswertung solcher Werbemaßnahmen dar. Anders als bei klassischen Medien lassen sich die Verbreitungswege und Reichweiten der von Influencern getragenen Werbebotschaften nur schwer ermitteln.
Der Grund liegt in den Algorithmen sozialer Netzwerke, welche alle Postings grundsätzlich interessenbasiert verteilen. So kann ein Profil durchaus über mehrere zehntausend Follower verfügen, doch nur einige Tausend empfangen tatsächlich die Werbebotschaft.
Andererseits kommt es häufig vor (und ist sogar erwünscht), dass über Likes und das Teilen von Inhalten durch Follower zusätzliche Personen erreicht werden, welche nicht ursprünglicher Bestandteil der geplanten Kampagne waren.
Zwar existiert eine Vielzahl an softwaregestützten Auswertungs- und Planungstools für das Management von Influencer-Kampagnen, eine Unsicherheit bleibt letztendlich bestehen.
Vor allem für Unternehmen mit kleinem Werbebudget, welches zielgerichtet eingesetzt werden soll, bedeutet dies eine Hürde für den Einstieg.
Auswahl geeigneter Influencer
Grundsätzlich ist man versucht, den Wert eines Influencers auf die Anzahl seiner Fans und Follower zu reduzieren. Aber bei der Auswahl eines geeigneten Werbepartners spielen neben quantitativen auch qualitative Merkmale eine Rolle:
Vor allem muss die Frage beantwortet werden, ob das Persönlichkeitsprofil des Influencers überhaupt zu den beworbenen Eigenschaften von Marke bzw. Produkt passt und ob diese mit der Person des Influencers ein harmonisches Verhältnis eingehen.
Dies gilt vor allem langfristig betrachtet, denn idealerweise bildet die Verbindung aus Marke/Produkt und Influencer über längere Zeit hinweg eine Einheit. Einmalige Aktionen führen aufgrund der Schnellebigkeit sozialer Medien nämlich nur selten zu einem nachhaltigen Erfolg.
Ob Schauspieler, Politiker, Sportler, Blogger oder anderweitig prominente Persönlichkeiten – der ideale Werbepartner ist nicht nur Influencer seiner Selbst willen, sondern stellt auf Basis seines persönlichen Hintergrunds eine eigene Marke dar. Je etablierter diese Marke und je mehr Schnittmengen mit dem zu bewerbenden Produkt bestehen, desto erfolgversprechender eine Zusammenarbeit.
Stichwort Fake-Follower
Die Problematik „gekaufter Fans“ macht es nachwievor schwierig, gerade aufstrebende Influencer in ihrem Wert für die Werbewirtschaft richtig einzuordnen.
Zwar haben sich alle sozialen Netzwerke der Problematik von Fake-Followern angenommen und unternehmen teils große Anstrengungen, um eine missbräuchliche Nutzung zu unterbinden, aber nicht immer lassen sich Fake-Fans ohne Weiteres als solche erkennen und von realen Usern unterscheiden.
Bekanntheitsgrad und Authentizität
Influencer profitieren vor allem von ihrer Authentizität und Nahbarkeit als vermeintliche Idole. Doch ein hoher Bekanntheitsgrad kann auch einen negativen Rückkopplungs-Effekt nach sich ziehen…
Nämlich dann, sobald der Influencer aufgrund wachsender Popularität seine Tätigkeit professionalisiert und damit zum „realitätsfernen“ Star wird, welcher (zumindest in den Augen seiner Zielgruppe) so an Zugänglichkeit einbüßt.
Natürlich arbeiten alle Etablierten der Branche mit einem mehr oder weniger großen Stab an Mitarbeitern zusammen und lassen sich oft von spezialisierten Agenturen betreuen. Das „Fundament Glaubwürdigkeit“ der eigenen Fanbasis darf dabei jedoch niemals erschüttert werden.
Widrigenfalls verliert der Influencer nicht nur rapide an Einfluss (und Werbewert), sondern kann den mit ihm assoziierten Marken sogar erheblichen Schaden zufügen.
Zielgruppen-spezifische Affinität
Schlußendlich darf man die anzusprechende Zielgruppe nicht außer acht lassen, denn das Influencer-Marketing stößt hier durchaus an gewisse Grenzen:
Teenager und junge Erwachsene stehen erfahrungsgemäß stärker unter dem Einfluss von Influencern als die Generation 30+. Zudem sind bildungsferne oder hedonistisch veranlagte Schichten leichter durch Influencer zu erreichen als das sozial gehobene Milieu.
Im Umkehrschluss kann man grundsätzlich die Aussage treffen, dass ältere, bildungsnahe und einkommensstarke Milieus für Influencer relativ schwer zugänglich sind.
Aus diesem Grund stellen Werbeaktionen mit Influencern keine Allzweckwaffe im Kampf um Verkaufszahlen und Markenpopularität dar, sondern müssen immer im Kontext mit anderen Marketing- und PR-Maßnahmen betrachtet werden.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Viele Influencer sind sich nicht darüber Gewahr, dass ihr Tun und Handeln im Netz rechtlichen Regelungen und Beschränkungen unterliegt. So gehören Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht (z.B. fehlende Kennzeichnung werblicher Inhalte) leider immer noch zur Tagesordnung.
Es ist deshalb sinnvoll, Influencer während der Zusammenarbeit bei der Einhaltung aller rechtlichen Vorgaben zu unterstützen, um Rechtsverstöße weitestgehend zu verhindern. Auch im Interesse einer möglichst positiven Darstellung der eigenen Marke.
Autor: Tobias Eichner | Datum der Veröffentlichung: April 2019
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