Es hört sich erst einmal ziemlich verrückt an, macht aber bei genauerer Betrachtung durchaus Sinn: Rechenzentren, deren Abwärme von Stadtwerken und Fabriken für das Beheizen von Wohnungen und die Produktion genutzt wird.
Der Strombedarf deutscher Rechenzentren lag im Jahr 2022 schätzungsweise bei 18 Milliarden Kilowattstunden und dürfte angesichts stromhungriger Applikationen wie künstliche Intelligenz und dem Internet-of-Things samt der dazu notwendigen Cloudanbindung weiter steigen.
Wer nun aber glaubt, dass ein Großteil der Energie in die Rechenleistung geht, der täuscht sich. Etwa die Hälfte des Stroms muss für die Kühlung der Hardware aufgewendet werden.
Für die Zukunft sehen die meisten Betreiber von Rechenzentren einerseits Konzepte vor, weiter auf energiesparende Hardware zu setzen, die dementsprechend wenig Abwärme produziert.
Andererseits rückt aber – auch durch gesetzliche Vorgaben wie das Energie-Effizienzgesetz – die Nutzung der erzeugten Abwärme selbst in den Fokus:
Was lästig und nur als ein weiterer Kostenfaktor erscheint, könnte sich jedoch ins Gegenteil verkehren und für viele Rechenzentren sogar eine neue Einnahmequelle erschließen: Der Verkauf von Wärme an kommerzielle und industrielle Abnehmer!
Diese steht zuverlässig das ganze Jahr über in nahezu gleichbleibender Menge zur Verfügung, unabhängig von Jahreszeiten und kurzfristigen Schlechtwetterlagen.
Zumindest in der Theorie belegen Studien, dass bis zum Jahr 2030 beispielsweise die rund um Frankfurt am Main ansässigen Rechenzentren genug Wärme liefern könnten, um damit sämtliche Büro- und Wohnräume im Großraum CO₂-neutral zu beheizen.
Machbar ist also vieles, es kommt nun aber auf die Betreiber und die Hardwarehersteller an, entsprechende Lösungen zu erarbeiten. Auch und gerade gemeinsam mit den zukünftigen Verbrauchern.
Die angedachten Kühllösungen für Server und Racks setzen zum einen auf die klassischen Kalt-/Warmgänge, bei welchen vereinfacht gesagt, von vorne gekühlte Luft in die Racks geblasen, durch die Hardware geleitet und rückseitig wieder abgesaugt wird.
Zum anderen rücken aber auch komplexere „direct liquid cooling“-Systeme („Direkt-Flüssigkeitskühlung“) in den Fokus:
Hier werden entweder nur kritische Bauteile wie CPU und Massenspeicher mit einer Flüssigkeitskühlung ausgestattet oder gleich der gesamte Server in einer nicht-leitenden, anti-korrosiven Flüssigkeit versenkt (letztere wird auch „Immersionskühlung“ genannt).
Welche Systeme sinnvollerweise zum Einsatz kommen, hängt vom Aufbau des Rechenzentrums und dessen Nutzungsszenarien ab. So oder so kann die erzeugte Wärme als Ressource an vorhandene Abnehmer verkauft werden.
Green-IT (grüne IT) avanciert so mehr und mehr vom Greenwashing-Buzzword zum gewinnträchtigen Geschäftsmodell. Auf diese Weise profitieren alle Seiten gleichermaßen: Die Betreiber von Rechenzentren, die Nutzer der Abwärme sowie die Umwelt.
Autor: Tobias Eichner | Datum der Veröffentlichung: Februar 2024
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